Les Folies
Clemens Ottnad
Entbunden der ausschließlich rational begründeten wohn- und arbeitseffizienten Denkpläne von Architekturen als dauerhaft angelegte und gegen die Außenwelt abgeschirmte Einhausungen des Einzelnen einerseits wie dem bloßen Orna(men)t menschlichen Lebensraumes vermittels plastischer Objekte andererseits stellen dabei die gemeinsam von Robert Schad und Holger Bachem entwickelten Entwürfe der ‚Les Folies’ überzeugende Formulierungen einer intensiveren Zwiesprache zwischen Skulptur und Architektur dar. Indem sowohl Bildhauer als auch Architekt Aufgaben, Notwendigkeit und Zwänge funktionaler Baukörper in der tradiert sachgerechten Abstimmung mit geografischen, klimatischen, belichtungstechnischen und anderen Bedingungen – die oft Bedingtheiten bedeuten – zunächst einmal außer Acht lassen, wenigstens nicht als für die Planungsphase vorrangig behandeln, entstehen entgegen jeder Konvention überraschend konsequente Raumkonzepte in der variablen Verrückung und gegenseitigen Verschränkung bildhauerischer wie architektonischer Auffassungen.
Visionäre Verrücktheiten solcherart tauchen unter der Bezeichnung der Folies in der Architekturgeschichte bereits im 17. Jahrhundert auf, prägten jedoch seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonders wirkungsvoll – gerade von England aus ausstrahlend – die Entwicklung fortschrittlicher Landschaftsgarten-Theorien. Je nach territorial unterschiedlichen Verwirklichungsmöglichkeiten bildeten sie Gegenentwürfe gegen die verbreiteten absolutistischen Gartengestaltungen und deren darin formal ausgedrückten feudalen Machtansprüche. Ihre Symbolkraft betraf dabei keineswegs nur die individuelle freie Entfaltungsmöglichkeit in einer die Gesundheit fördernden Umgebung und auch die hiermit verbundene geistige Bewegungsfreiheit im Privaten, sondern zielte sinnbildlich ebenso auf ein demokratisches Gemeinwesen insgesamt. Die bis dahin übliche Anlage ausschließlich schnurgerader Wegachsen, die über Kilometer planierten Hauptalleen, die – insbesondere die jeweiligen Untertanen entsprechend zu beeindrucken – gut überschaubar auf streng symmetrische Monumentalarchitekturen der Herrscherhäuser zuführen sollten und die rücksichtslos jedwede natürliche Gegebenheit ignorierenden geometrischen Kartierungen des bestehenden Geländes wurden abgelöst zugunsten naturnaher Areale, die dem Menschen notwendige Freiräume und Erholungsorte zu gewähren versprachen.